Dienstag, 13. März 2012

Angst...

... und was man dagegen tun kann


Eine kleine Geschichte der Angst

Bei mir begann die Angst 2001. Nach der Trennung von meinem Mann, bei dem ich in der Firma als Azubi angestellt war und wir bereits einen Architekten angagiert hatten, der einen Entwurf für eine (sehr große) Wohnung über der Firma erstellen sollte, stand ich mittellos vor dem Aus. Keine Arbeit mehr, kein Heim mehr, kein Mann mehr. Ich war 28 Jahre jung und völlig unselbständig. Meinem Exmann (über den ich nichts Gutes sagen kann und will) muß ich zugute halten, das er mir für die Wohnung, die ich nehmen mußte, wenigstens die Maklergebühr zahlte, sowie auch einige Möbel für mich bezahlte, die ich ja benötigte. In den ersten 4-6 Wochen ging er sogar einige Male groß mit mir einkaufen, damit ich Wasser und Lebensmittel, sowie Futter und Streu für meine Tiere hatte. Natürlich war dann irgendwann Schluss damit.

Ich begann aushilfsweise bei meinem Vater im Lokal zu jobben - Bezahlung gab es in Naturalien, ich konnte mir Frischkram (Salat, Tomaten, Käse etc.) mitnehmen, so viel ich wollte. Zu Beginn ging es mir noch ganz gut, der Schock hatte mich noch nicht erreicht. Doch nach ungefähr 2-3 Monaten eröffnete mir mein Vater,
das er das Lokal verkaufen und zurück nach Düsseldorf ziehen wolle. Und da war es dann aus mit der trügerischen Ruhe. Für mich brach eine Welt zusammen, denn schlagartig wurde mir klar, das ich dann hier in der Stadt niemanden mehr haben würde, den ich kannte, mit dem ich reden, bei dem ich übernachten, mit dem ich etwas unternehmen konnte - niemand, der für mich da war oder sich um mich scherte.

Mein Exmann zahlte mir mein Lehringsgehalt bis Mitte 2001, denn solange lief unser Vertrag. Und obwohl ich nicht mehr zur Arbeit ging - das war undenkbar für mich, den Mann und die neue Frau täglich zu sehen, diese Schmach über mich ergehen zu lassen, zumal die Eltern des Ex ebenfalls im Betrieb arbeiteten - ging alles einen geregelten Gang. Natürlich blieb mir nicht viel Geld übrig, denn ich mußte ja nun Miete von dem Lohn zahlen, und die Wohnung war nicht billig.

Und dann, schon zwei oder drei Monate nach Ablauf des Ausbildungsvertrages, kam ich - naiv und gutgläubig wie ich war - auf den Gedanken, mich arbeitslos zu melden. Doch natürlich sagte man mir damals beim Arbeitsamt, das ich mich viel zu spät gemeldet hätte und somit zwar mein Antrag bewilligt werden würde, ich aber auch direkt eine Sperre bekäme - und zwar für 3 Monate. Da ich nicht wußte, was ich machen sollte, wandte ich mich ans Sozialamt. Und dort wurde mir umgehend der minimale Lebensunterhalt bewilligt. Somit hatte ich 280,- DM monatlich, von denen ich natürlich noch den Strom zahlen mußte. Ohne die Hilfe meines Vaters hätte ich damals nicht gewußt, was ich hätte tun sollen.

Durch widrige Lebensumstände verschuldete ich mich. Und das war wohl der Zeitpunkt, als die Angst richtig wuchs. Mein Leben, wie ich es kannte, ging nun vollends den Bach runter. Ich geriet an den falschen Typ, wegen dem ich mich nicht nur verschuldete, sondern der meine Seele zerstörte. Ich kann nur so viel sagen (und das ist nicht übertrieben): ich bin froh. das ich noch lebe!
 Da ich damals - das war 2002, alles geschah in einem Zeitraum von einem Jahr! - einen Nervenzusammenbruch erlitten habe, war es mir gleich, das ich Schulden hatte. Es war mir auch egal, das ich längst die Stütze beim Sozialamt hätte beantragen müssen. Durch einen Verwandten, der mich bei sich aufnahm und mich schlecht behandelte, konnten sich meine Nerven nicht stabilisieren. Stütze beantrage ich dann erstmals offiziell 2003. Ich war ein Nervenbündel und zitterte am ganzen Körper, als ich aufs Sozialamt kam.

Und die Angst, die meine Lebensumstände in mich hineintrieb, trug ich viele Jahre mit mir rum: sie wuchs, sie wucherte, sie gedeihte und fraß mich innerlich auf.


Was soll ich tun?

Was kann man tun, wenn man merkt, das die Angst einen kontrolliert, einem die Luft zum Atmen nimmt? Eine Therapie? Ja, sicher, keine schlechte Idee, wenn man denn überhaupt einen Termin bei einem Therapeuten bekommt, der sich mit Angstzuständen auskennt. Ich persönlich habe Bücher gelesen, die sich um das positive Denken drehten. Eine schwere Angelegenheit, wenn man vor lauter Angst nicht mehr klar denken kann. Und doch wirkt es - und hilft. Aber man sollte dazu sagen, das das allein natürlich nicht greift. Man muß vor allem den Mut finden (!) sich seinen Ängsten zu stellen.

Wie soll ich mich der Angst stellen?

Eine schwere Frage, die ich - leider - nicht beantworten kann. Ich kann euch aber Tipps geben, die ich selber angewendet habe. Und ich weiß wovon ich spreche, da ich zeitweise unter immer stärkeren Ängsten litt, wie z. B. auch der Agoraphobie.

 ► Wichtig ist, nicht wegzulaufen vor der Angst! Wenn man z. B. beginnt zu zittern, absichtlich auf die Hände schauen. Setzt euch bequem hin, beobachtet eure Hände, atmet tief ein und aus, zählt eure Atemzüge bei jedem Einatmen, fixiert die Hände und laßt sie zittern. Ihr werdet merken, das nach kurzer Zeit das Zittern nachläßt.
 Keine Angst vor einem Kreislaufzusammenbruch! Man redet sich das gerne ein, und leider führt es auch dazu, das der Kreislauf nicht stabil ist. Ich selber habe früher des öfteren auf offener Straße mit starken Kreislaufproblemen zu kämpfen gehabt - und so wurde meine Angst diesbezüglich immer größer. Habt immer eine kleine Flasche Wasser in Reichweite. Wasser stabilisiert den Kreislauf umgehend, während Cola oder andere koffeinhalte Getränke den Blutdruck noch steigern und den Kreislauf zu sehr "in Schwung" bringen.

Macht eine Liste mit allem, was euch Angst macht. Diese Liste ist nur für euch, also seid ehrlich mit euch selber und schreibt alles auf. Danach geht ihr Punkt für Punkt durch und notiert euch, wann es euch das letzte Mal so ergangen ist und wie sich die Angst geäußert hat (z. B. Kopfschmerzen, Übelkeit, Zittern...). Schließlich schreibt ihr dazu, wann das Angstgefühl nachgelassen bzw. weg war und was ihr zu diesem Zeitpunkt getan habt.
Diese Liste soll euch helfen, einen Überblick zu bekommen, wie häufig und in welchen Situationen die Angstzustände auftreten. Hierbei ist wichtig, das ihr euch selbst beobachtet.

► Als nächsten Schritt nehmt ihr die direkte Konfrontation in Angriff. Sagen wir, ihr habt Angst davor, in einem Aufzug zu fahren. Ruft eine/n Freund/in an und bittet ihn/sie, mit euch in Aufzüge zu gehen. Diese Person soll für euch als eine Art Schutz fungieren, damit der Stressfaktor nicht gleich zu Anfang zu hoch ist. Für den Notfall sollte sie das Wasser (für den Kreislauf) und ein Handy dabei haben, damit ihr sicher gehen könnt, das euch nichts passieren kann. Geht diesen Schritt gegen die Angst zunächst nicht alleine! Euer Stresspegel wird so hoch sein, das die Angst wieder greift und ihr keine Chance haben werdet, euch das "Erlebnis" bewußt zu machen.
auch bei Angst vor Behördengängen nehmt zu Anfang einen Bekannten mit!

Wenn ihr den ersten Schritt gemacht habt, durchdenkt folgendes:
Wie oft steigen Menschen in einen Aufzug und erreichen unbeschadet ihr Ziel? Und andererseits: wie oft steigen sie in einen Lift und bleiben stecken?
Ihr werdet überrascht feststellen, das so gut wie kaum Pannen geschehen - die, von denen man hört, sind selten. Der Angst kann entgegengewirkt werden, wenn ihr vernünftig darüber nachdenkt. Denn: es gibt keinen Grund, vor irgendetwas Angst zu haben! :)

Bewußtmachung

Es ist wichtig, das ihr bewußt über eure Angst nachdenkt. Wenn ihr euch hilflos fühlt, wendet euch an andere Betroffene. Hierbei gilt: laßt euch nicht verunsichern! Schreckensgeschichten hört man oft, leider verzerrt die Angst die Wahrnehmung, da man sich in einer Art "Rauschzustand" befindet. Macht euch in Situationen, die euch Angst machen, immer bewußt, das es nichts gibt, wovor ihr euch fürchten müßt!

 Beispiel: wir sind wieder auf dem Amt. Auf dem Gang sitzen mehrere Leute und die Nervosität steigt. Der Pulsschlag erhöht sich, wir schwitzen, wir beginnen zu zittern. Nun macht euch bewußt, wovor ihr Angst habt. Ist es der Gang, sind es die Leute, die euch ansehen, oder ist es der Sachbearbeiter, der bestimmt sagt "..."? Sagt euch, das der Gang euch nichts anhaben kann. Ihr sitzt nur hier. Berührt die Wand, den Stuhl, steht auf und geht zum Fenster. Setzt euch wieder hin und macht euch bewußt, das der Gang nichts "macht".
 Sind es die Leute, vor denen ihr euch fürchtet, weil ihr Angst vor ihren Blicken, ihren möglicherweise (!) Gedanken habt, dann sagt euch, das diese Menschen aus dem selben Grund hier sind wie ihr selber. Auch sie sind in Not, auch sie sind auf Hilfe angewiesen. Sie empfinden vielleicht ebenso viel Angst wie ihr, und ihr müßt euch nicht vor ihnen fürchten.
 Ist es die möglicherweise (!) Reaktion des Sachbearbeiters, dann sagt euch: "Ich kenne seine Reaktion doch gar nicht. Das liegt in der Zukunft. Ich bin im Hier und Jetzt. Es wird mir nichts passieren." Das könnt ihr euch solange sagen, bis ihr ins Gespräch geht. Macht euch bewußt, das ihr nicht wißt, wie das Gegenüber reagieren wird, das ihr seine Worte nicht kennt. Redet euch nicht von vornherein ein, das er bestimmt "dies und das" sagt. Denn auch hier werdet ihr überrascht sein, das seine Reaktion, sein Wortlaut, ganz anders sein wird, als ihr es euch ausgemalt habt.

Übung

Ein einmaliges Stellen der Angst wird nichts nützen. Das bedarf Übung! :) Doch das Gute nach dem ersten Mal ist: ihr könnt befreit aufatmen und euch eine Murmel einwerfen. Der nächste Gang gegen die Angst, den ihr so bald als möglich in Angriff nehmen solltet, wird euch leichter fallen. Doch auch hier gilt: wer unter starken Panikatacken leidet, sollte auch hier erstmal wieder eine Person seine Vertrauens um Begleitung bitten. Mindestens ein Mal wöchentlich solltet ihr nun beginnen, gegen die Angst zu gehen. Nur wer sich der Angst stellt, wird sie dauerhaft los.

Wichtig ist jedoch, das ihr euch nicht ständig unter Druck setzt! Dann bekämpft ihr eine Angst und werden schnell eine neue hinzuzählen können: die Angst vor dem Druck. Gönnt euch Entspannungszeiten, Auszeiten, in denen ihr die Füße hochlegt, durchatmet und euch eine Kleinigkeit gönnt (z. B. euer Lieblingsessen).

Macht euch jederzeit wieder das Erlebnis bewußt, als ihr einen Erfolg gegen die Angst verbuchen konntet! Lobt euch dafür und sagt euch, das ihr das jederzeit wieder schaffen könnt!



Ich wünsche euch auf eurem Weg gegen die Angst viel Glück!



P.S.: Wer noch Tipps hat, kann sie hier gerne posten, ich würde mich sehr freuen! :)

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