Montag, 12. März 2012

Strom zahlen oder Essen kaufen?

Hartz IV reicht meist schon für eine Person nicht. Man muß wirklich sehr gut haushalten, um mit dem geringen Satz auskommen zu können. Doch mit zwei Menschen von einem Hartz-Satz leben - nahezu unmöglich ohne "Zuverdienst". Pfandsammeln bietet sich da an - und genau das hat mein Freund ja auch immer fleißig gemacht. Das ist ein Fulltime-Job, mehrmals täglich einige Stunden, bei Wind und Wetter, vor die Tür gehen und im Müll wühlen. Und man lebt immer nur von der Hand in den Mund. Was man hat, investiert man direkt in etwas Essbares.

Aber jeder hat so seine laufenden Kosten zu berappen - eben auch den Strom. Wer will schon ganz ohne Strom dasitzen? Kein Tivi, kein PC, kein Kühlschrank, keine Waschmaschine, kein Licht, keine Heizung... da kommt einiges zusammen, das so alltäglich ist, das man schon oft gar nicht mehr daran denkt. Ich bewohne
eine 46m² Wohnung, 2 Zimmer, Küche, Bad. Und obwohl die Fenster angeblich "neu" sind (das Haus ist Baujahr 1986, und seitdem wurde hier auch weder saniert, geschweige denn die Amaturen im Bad ausgewechselt - so sieht das auch aus!), bildet sich in den Glaszwischenräumen Wasser (es sind Fenster mit zwei Glasscheiben, von denen man unsinnigerweise die 1. Scheibe auch öffnen kann, das Fenster dann aber immer noch zu ist) - ein Zeichen dafür, das das alles nicht ganz dicht ist. Unter den Türen hindurch zieht es auch - man kann etwas vorlegen, aber das hält den Zug nicht wirklich davon ab, in die Wohung zu dringen. Die Wohnung befindet sich im 1. Stock genau über der Tiefgarage - allerdings keine geschlossene Grage, sie ist zum Hof hin komplett offen. Der Boden ist selbst im Sommer kalt. Ich brauche nicht erwähnen, das hier ständig Heizkosten anfallen.

Letztes Jahr dann der große Schreck: der Strom wurde abgestellt. Wie es dazu kam? Naja, durch eigenes Verschulden, denn wir haben uns jeden Monat überlegt, ob wir den Strom zahlen sollen oder die 70,- € behalten, um davon zu leben. Die Wahl fiel meistens nicht schwer - natürlich haben wir schon noch Strom bezahlt. Alle 2-3 Monate haben wir die kompletten Stromkosten überwiesen, manchmal nur die Hälfte, manchmal nur 15,- €... so kam dann einiges an Nachzahlung zusammen, und die Stromgesellschaft schickte jemanden, der das Geld bar einfordern sollte. Wir sollten also 280,- Oppen bar auf die Kralle zahlen, sonst wäre Essig mit Strom...

Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Ich kenne niemanden, den ich um so viel Kohle einfach mal anpumpen könnte - davon mal ganz ab: muß das wirklich sein? Geld leihen ist so entwürdigend! Das Drama ereignete sich an einem Donnerstag, und da hat ja bekanntlich das Sozialamt zu. Dennoch gelang es mir - unter vielen heißen Tränen und großer Verzweiflung - die Pförtnerin im Amtsgebäude dazu zu bringen, bei meiner Sachbearbeiterin "oben" (einen Stock höher) anzurufen und kurz zu schildern, das "eine zitternde, weinende Frau sagt, ihr sei der Strom abgestellt worden". Die Sachbearbeiterin schloss sich mit dem Stromanbieter kurz, stellte einen Schrieb aus, das die Stromnachzahlung umgehend angewiesen werden würde, und veranlasste so innerhalb weniger Minuten, das uns der Strom am gleichen Tag noch wieder angestellt wurde. Es wurde dann natürlich (wie könnte es anders sein, ihr kennt das bestimmt auch schon) ein Darlehensvertrag aufgesetzt, in dem der Satz aufgezeigt wurde, den ich monatlich ans Amt abzuzahlen habe, und es wurde ebenfalls vereinbart, das die Stromkosten monatlich direkt von meinem Hartz IV abgezogen und an den Stromanbieter direkt überwiesen wird - um einer erneuten Verzugszahlung meinerseits vorzubeugen.

Der traurige Witz an dieser Sache: vor gut zwei Jahren erging es mir schon mal so, doch als ich meine damalige Sachbearbeiterin fragte, ob es nicht möglich sei, die Kosten für den Strom direkt an den Anbieter zu überweisen, verneinte sie dies. In Hessen, sagte sie mir, sei das nicht "erlaubt". Es hätte mir und meinem Freund viele Tränen und Nerven erspart, wenn das damals schon gemacht worden wäre.

Zum Abschluss: ich würde es jederzeit wieder so machen und kann verstehen, wenn man mal ein oder zwei Monate den Strom nicht zahlt. Ein Darlehen für die - meistens anfallenden! - Nachzahlungen muß man ja sowieso aufnehmen. Sicher vermehren sich die Forderungen vom Amt, man macht ja Schulden. Aber ehe ich mit meinem Freund nicht mehr weiß, was wir nach zwei Wochen noch zu beißen haben, hielte ich lieber das teure Geld für den Strom inne! Ich kann also nur empfehlen, um dem Drama mit dem Strom, der plötzlich abgestellt wird, vorzubeugen: sprecht eure Sachbearbeiter darauf an, denn es ist mittlerweile deutschlandweit möglich, das die Stromkosten direkt an den Anbieter überwiesen werden! Laßt euch nichts anderes einreden - oft sind die Sachbearbeiter selber noch recht jung, sie wissen es möglicherweise nicht besser.

Strom bedeutet Lebensqualität! Laßt euch das nicht nehmen!

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