Dienstag, 17. Januar 2012

Alltäglicher Kampf

Man kämpft ja nicht ständig ums Überleben - wir sind nicht in der Wildnis, in der man sich sein Futter selber jagen muß, in der man kein Dach über dem Kopf hat oder gegen Witterungsverhältnisse anzugehen hat. Aber man kämpft dennoch: sei es gegen die immer wieder aufkommende Langeweile oder gegen die ständigen Gedanken, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Die Fragen "wie gehts es weiter?" oder "was soll ich nur machen?" tauchen immer wieder auf. Perspektivlosigkeit bietet einen guten Nährboden für Depressionen und Antriebslosigkeit, für Hoffnungslosigkeit und Selbstzweifel.


Dagegen muß man angehen! Ich frage mich oft selber, wie ich das bewältigen soll. Was soll ich die vielen Jahre noch machen, die mir bis zur Rente bevorstehen? Ich habe - beruflich - keinerlei Perspektive. Ich möchte eine Umschulung machen, und das schon sehr lange, aber es werden mir immer wieder Steine in den Weg gelegt. Einerseits möchte meine Fallmanagerin, das ich wieder in Arbeit komme, andererseits stehen 2-3 Mal im Jahr Untersuchungen beim Amtsarzt an aufgrund mentaler Instabilität. Wie sollte es auch anders sein? Ich meine, wie kann es einem innerlich, seelisch denn gut gehen, wenn man immer wieder damit konfrontiert wird, das es an den entscheidenden Dingen, die man für eine erfolgreiche Bewerbung benötig, mangelt? Von welchem Geld ein Passfoto machen? Ja ja, ich höre sie* schon wieder sagen: "das Geld bekommt man doch zurück". Sicher, heutzutage schickt man eine Bewerbung per e-Mail. Kein Ding, aber ein aussagekräftiges Foto machen läßt sich nur mit einer guten Kamera. Meine Kamera als Beispiel taugt dafür gar nicht.
Und wie sieht man denn auf den Fotos aus? Da spricht - bei einem Langzeitarbeitslosen - schon die Ermüdung aus den Augen.
Und dann das leidige Thema mit den Klamotten. Man muß ja nicht grade immer das Neueste, den letzten Schick tragen, aber gepflegt sollte die Kleidung aussehen und nicht, als wäre man die vergangenen 10 Jahre im selben Outfit rumgelaufen. Das läßt sich aber kaum vermeiden, denn der Kleiderschrank - wenn auch überfüllt - gibt ja keine Klamotten mehr her, die ein bißchen noch nach was aussehen.

Wie also sollte es einem da gut gehen? Im Winter spürt man dann sehr, an welcher Kleidung es mangelt: seien es dicke Socken für die löchrigen Schuhe, eine gescheite Jacke, die richtig warm hält, oder ein Schal, der nicht nur von Löchern zusammen gehalten wird.
Da fällt es schwer auf einem Bewerbungsfoto noch auszusehen, als blicke man erwartungsvoll und freudig in eine bessere Zukunft.

Und dann - seien wir ehrlich - die Jobsuche. Auf was bewerben, wenn man schon lange Stütze bekommt? Viele Hartz-EmpfängerInnen haben keine abgeschlossene Lehre. Ich auch nicht. Das kam zustande durch familiäre Probleme, wenn man es nett umschreiben will. Ich habe zwar Fachhochschulreife (Fachabitur), aber was nutzt mir das mittlerweile, wenn es mir ja früher schon nicht von Nutzen war?

Da kämpft man mit, jeden Tag auf's Neue. Man ist einfach froh, wenn man nicht daran denken muß, das man womöglich auf Lebzeiten aufs Amt angewiesen sein wird. Denn das, meine Lieben, ist tragisch und raubt einem die letzte Kraft, die noch irgendwo in einer kleinen Faser des Körpers und des Geistes sitzt!

*der Großteil der Gesellschaft, die bisher noch nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen war

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